Auf den Spuren des Freikletterns – Klettern im Elbsandsteingebirge (10.5. bis 12.5.2024)

Am Freitagvormittag gegen 10 Uhr kommen Felix und ich am Parkplatz am Gamrig, der ein kleines Stück östlich von Rathen liegt, an. Dort stehen bereits zwei weitere Autos mit Kronacher Kennzeichen, die auf uns warten. Mit Michael und Timo ist unsere Gruppe komplett. Nach einem kurzen Materialcheck geht es auch schon los.

Zu Fuß erreichen wir den Fels in nur 10 Minuten. Dort breitet Felix zunächst eine Menge an Schlingen, Schnüren, Ufos und Affenfäusten aus. Denn im Gegensatz zu anderen Klettergebieten gibt es im Elbsandsteingebirge keine Bohr- oder Klebehaken, in die Zwischensicherungen eingehängt werden können. Zusätzlich verbieten die sächsischen Kletterregeln die Verwendung von Chalk. Außerdem darf nur an trockenem Fels geklettert werden, und da hat es das Wetter wirklich gut mit uns gemeint. Bei Sonnenschein und optimalen Temperaturen starten wir unser Kletterabenteuer mit einer kleinen Übung zum Abseilen, schließlich soll auch jeder wieder unbeschadet vom Gipfel herunterkommen. Unsere erste Route ist die Südkante (IV) am Waltersdorfer Horn. Nachdem Felix vorgestiegen ist und oben einen Stand gebaut hat, kann ich nachkommen. Für mich ist es das erste Mal Klettern im sächsischen Elbsandstein, und ich frage mich, wie rutschig der bröselige Sandstein wohl sein mag. Langsam taste ich mich den Fels nach oben und höre den Sand unter der Gummisohle meiner Kletterschuhe knirschen. Wenn man die Füße präzise setzt, rutscht man sicherlich nicht weg. Super! Auf dem Weg zum Gipfel finde ich auf einer Länge von 25 m jedoch nur eine Zwischensicherung – eine Sanduhr. Schnell wird mir klar, dass hier beim Vorsteigen einiges an Kreativität und sehr starke Nerven notwendig sind.

Nachdem alle auf dem Gipfel angekommen sind, tragen wir uns gemeinsam ins Gipfelbuch ein, natürlich in der richtigen Reihenfolge, mit Datum und dem Namen der Route – so wie es jeder macht. Nach dem Abseilen besteigen wir diesen Turm gleich noch einmal, diesmal über den Rippenweg (II). Anschließend geht es über den Alten Weg (IV) noch auf den Heidebrüderturm gleich nebenan. Mittlerweilen hat sich jeder an den Elbsandstein gewöhnt und der Seilschaftsablauf mit Felix als Vorsteiger klappt auch immer besser. Einer puren Genusskkletterei bei schönstem Wetter steht an diesem Wochenende also nichts mehr im Wege. An diesem Tag stehen dann noch der Südweg (V) des Gamrigkegels und der Alte Weg (VI) des Gamrigwächters auf dem Programm. Hier wartet zum Einstieg gleich ein besonderer Nervenkitzel – ein Übertritt. Doch wenn man den geschafft hat, sind es nur noch wenige Züge zum Gipfel. Nach einem tollen Klettertag verpacken wir Seile, Schlingen und co. und machen uns auf den Weg zum Campingplatz Ostrauer Mühle. Dort schlagen wir unsere Zelte auf, kochen gemeinsam und lassen den Abend bei einem Bier ausklingen. Sogar die spektakulären Polarlichter konnten wir an diesem Abend beobachten.

Am nächsten Morgen starten wir zeitig, denn wir wollen den Rathener Dreier Pasch, einen echten Klassiker, klettern. Dazu gehört die Südwand (V) am Türkenkopf mit zwei Seillängen, die Südwand (VI) am Westlichen Feldkopf mit drei Seillängen und der Pfeilerweg (V) am Talwächter mit zwei Seillängen. An diesem Samstag ist einiges los, und manchmal war es schon ein bisschen eng auf den kleinen Gipfeln. Doch wir hatten Glück und mussten nirgends lange anstehen oder warten. Vor allem die Vielfältigkeit dieser drei Klettertouren hat mir sehr gut gefallen. Von sehr ausgesetzter Kletterei über Wandkletterei bis hin zu einem großen Riss war an diesem Tag alles dabei – was will man mehr.

Am Sonntag lassen wir es etwas ruhiger angehen. Dort klettern wir den Alten Weg (II) am Vorderen Dürrebielewächter, die Südkante (IV) am Hinteren Dürrebielewächter und den Alten Weg (II) auf den Kleinen Glücksturm. Im Laufe dieser drei Tage habe ich immer besser verstanden, warum die Sächsische Schweiz, eines der ältesten Klettergebiete, auch als „Wiege des Freikletterns“ bezeichnet wird. Ich war sehr erstaunt, dass die Art zu klettern dem Alpinen sehr ähnlich ist. Jedoch würde ich sagen, dass ein Ausflug ins Elbsandsteingebirge nicht nur als Klettern, sondern eher als Bergsteigen bezeichnen werden sollte. Jede Route ist eine einzigartige Herausforderung, die vorher gut geplant werden muss und starke Nerven bis zum Ziel braucht. Natürlich ist die abwechslungsreiche Kletterei ein purer Genuss. Anstatt das Seil oben einfach in einen Umlenker einzuhängen, wartet am Ziel ein Gipfelerlebnis und eine wunderschöne Aussicht, die man für ein paar Minuten genießen sollte, bevor man sich im Gipfelbuch einträgt und es am Seil wieder nach unten geht.

Vielen Dank noch einmal an Felix Ketzer, der den Ausflug geplant und organisiert hat und uns so die Chance gegeben hat, eine etwas andere, spannende Kletterwelt kennenlernen zu können.

Bericht von Franziska Weinrich