Bike, Genuss und Kultur in der Toskana
Bike, Genuss und Kultur in der Toskana vom 22.04. bis 01.05.2023
Tourbericht von Marion Böttcher über die Reise „Bike und Kultur in der Toskana“
Die Toskana mit ihrer malerischen Landschaft, ihrer kulturellen Vielfalt, ihren kulinarischen Schätzen entdecken, das war das Ziel der 16 TeilnehmerInnen zwischen 35 und 67 Jahren, die sich unter der Leitung von MTB-Fachübungsleiter DAV Gerhard Ried auf die Reise machten. So vielfältig wie die Teilnehmerschar, die sich mit E- oder Bio-Bikes, als geübte, routinierte oder auch sattelfeste Mountainbiker auf die Reise machten, so vielfältig ausgearbeitet war auch das Reiseprogramm, das sowohl MTB-Touren zwischen 21 und 60 km bei einem Höhenprofil zwischen 500 und 1.300 Höhenmetern in die nähere Umgebung vorsah, sowie Ausflüge mit dem Zug oder Bus, als auch eine Probe verschiedener toskanischer Weiß- und Rotweine. Leider zähle ich mich in dem Teilnehmerkreis zu der Gruppe der wenig Geübten, bot doch der bisherige Hofer Frühling nicht die Gelegenheit, Waden, Oberschenkel oder den unteren Rücken an das Radfahren zu gewöhnen. Ob ich mithalten kann?
Samstag, 22.4.2023, Anreise
Die rund 1.000 km lange Anreise erfolgte umweltbewusst in zwei Kleinbussen mit je einem Fahrradanhänger. So bestand bereits auf der ca. 14 Stunden langen Anfahrt die Möglichkeit, die anderen Tourteilnehmer kennenzulernen, Erfahrungen und Brotzeiten miteinander zu teilen. In Iona angekommen übertraf die Schönheit der toskanischen Landschaft tatsächlich meine Erwartungen. Eingebettet in sanfte Hügel öffnet sich vor den Terrassen unserer Appartements die Landschaft und lenkt den Blick auf frühlingsgrüne Wiesen, Zypressenalleen und saftige Weiden. Pferde grasen unterhalb des Anwesens, die kräftigen Rosmarinhecken verströmen ihren Duft, frisch geschnittene Olivenbäume vervollständigen das Bild. Landwirtschaftliche Anwesen auf fast jeder Bergkuppe, umgeben von hoch aufragenden, dunkelgrünen Zypressen. Am Horizont gehen die unterschiedlichen Grüntöne ins dunkelblau-grau über und in der Ferne sieht man die Türme von Volterra, einem Ziel unserer Tour.
Diese einzigartige Bilderbuchlandschaft wird uns eine Woche lang begleiten. Immer wieder schweift der Blick über die vor uns liegenden Hügel, Weinberge oder Anwesen, führt der Weg durch mittelalterliche Städtchen mit schmalen Gassen und Gebäuden aus Sand- und Ziegelsteinen, mit charmanten Holztüren und Fensterläden. Romantisch brüchige Steinmauern befestigen die Straße, am Wegesrand blühen schon Mohn und Holunder, Rosenblüten Ende April …. Auch die Unterbringung übertrifft meine Erwartungen. Vier Teilnehmer teilen sich ein großzügiges Appartement mit zwei Bädern. Eine geräumige Küche, drei große Schlafräume vervollständigen das Bild. Terrasse oder Balkon laden zum gemütlichen Beisammensein ein. Nach einer Woche kommt so das Verbundenheitsgefühl früherer Student-Wohngemeinschaften auf … Es wird gemeinsam für frischen Kaffee, Cornetti und Espresso, Obst und Wein gesorgt, gefeiert, gegessen, erzählt und gelacht.
Montag, den 24.04.2023
Vor uns liegt eine anspruchsvolle Tagestour nach Volterra, ich darf bis nach Volterra den Bus fahren und werde so nur die Hälfte der Strecke radeln. Das dachte ich zumindest, doch nachdem ein energischer toskanischer – vermutlich – Großgrundbesitzer uns auf dem Rückweg mit lautem „Non possibile, non possibile!!!“ den Weg versperrt, werden aus den geplanten 40 km nun 61 km!!! Den eingezeichneten Wanderweg dürfen wir – wie seine Gestik zweifellos klar macht – nicht passieren … Bei insgesamt 1.200 Höhenmeter verlangt dieser Tag uns Einiges ab.
Volterra wird schon von Weitem gut sichtbar von der Festung der Medici beherrscht, die auf der Spitze des in 550m Höhe liegenden Dorfes alles überragt (und heute als Gefängnis genutzt wird). Hier ist das Zentrum des Alabasterabbaus, Steinmetze und Skulpturen beherrschen das Stadtbild und die kleinen Läden. Der Ort bezaubert wieder durch seine uralten Steinbauten, kleinen Gassen und schmucken Läden und besitzt ein berühmtes Museum über die Etrusker, die vor 3.500 Jahren hier herrschten.
Dienstag, den 25.04.2023
Vor uns liegt eine Tour von 31 km und 620 Höhenmeter nach Colle di Val d´Elsa, hier holen uns zwei Tourteilnehmerinnen mit unserem Bus und Fahrradanhänger ab. Der mittelalterliche Ort auf der
Spitze des Berges lädt zum Bummeln durch die verwinkelten Sträßchen ein. Colle di Val d´Elsa ist ein kleiner Ort mit rund 20.000 Einwohnern, nur wenigen Touristen, gutem Eis und einem berühmten Sohn der Stadt: Carlo Lorenzini, der Schöpfer von Pinocchio, wurde hier geboren. Ein Zwischenstopp führt uns das erste Mal nach San Gimignano, das „Manhattan des Mittelalters“ mit seiner Silhouette von einem Dutzend Geschlechtertürmen. Gerhard und Axel lassen am Ende unseres „Radtages“ tatsächlich den Bus abfahren und sprinten mit ihren Bikes zurück zur Unterkunft. Respekt!
Mittwoch, den 26.04.2023
Heute wird nicht Rad gefahren, stattdessen nehmen wir den Zug nach Florenz, wo eine Stadtführerin auf uns wartet. Die Hauptstadt der Toskana nimmt uns sofort für sich ein, Susanne berichtet im charmantem Schwäbisch von den Medici, dem Ponte Vecchio oder von den technischen Herausforderungen der Errichtung der Kuppel des Doms Santa Maria del Fiore. Viele Touristen belagern die Stadt. Autos benötigen eine spezielle Lizenz für die Einfahrt in der Stadt, immer wieder fahren dunkle Promi-Limousinen mit verdunkelten Scheiben an uns vorbei. Schöne Frauen mit auffälliger Kleidung, oft mit Hut, fallen mir auf. An der Ponte Veccio gönnen wir uns ein Eis. Und zahlen für drei kleine Portion 25 €. Heute wird viel fotografiert, besonders die bunte Fassade des Doms hat es mir angetan. In der Coronazeit hat eine florentiner Künstler die Straßenschilder teilweise überklebt und in Icons verwandelt. Immer wieder entdecken wir diese witzigen Aufkleber von Clet.
Donnerstag, 27.04.2023
Für die Biketour nach San Gimignano bietet Gerhard zwei Varianten an: eine mit 60 km und 1300 Höhenmeter und eine mit 42 km und 760 Höhenmetern. Wir treffen uns dann alle in dieser wunderschönen Stadt, deren Altstadt Weltkulturerbe der UNESCO ist. Zu Recht, wieder gibt es
malerische Gassen, Häuser, Mauern und Plätze. Viele Touristen bevölkern die Stadt. Die aufragenden Reste der Geschlechtertürme bestimmen das Stadtbild. Wir genießen Eis vom Eisweltmeister und bummeln durch die Stadt. Dann beeilen wir uns, zurück zum Quartier zu fahren, denn um 17 Uhr ist heute die Weinprobe angesetzt. Drei Rot- und drei Weißweine warten auf uns, lecker!
Freitag, 28.04.2023
Nach der Weinprobe gestern gibt es heute nur eine leichte Biketour nach Montaione zum Marktbesuch und zur Stadtbesichtigung. Die 22 km und 560 Höhenmeter reichen mir an diesem Tag auch völlig aus, wir kaufen Salami, Käse und Brot. Alles ist hier von einer hervorragenden Qualität. Schade, dass in den Rucksäcken nur noch wenig Platz zur Verfügung steht. Abends kehren wir in der Pizzeria L`Erasmus mit dem Bus zurück, hier gibt es ein gutes Essen zu günstigem Preis.
Samstag, 29.04.2023
Leider wartet heute die letzte Bikefahrt auf uns, es geht nach Certaldo. Wir werden also 55 km und 1.060 Höhenmeter hinter uns bringen, was für mich schon eine Herausforderung ist. Uns belohnt vor Certaldo eine lange Abfahrt auf einem Trail, der vermutlich schon aus dem Mittelalter stammt. Mit Kieselsteinen gepflastert, von kleinen Furten unterbrochen finden die Räder ihren Weg, werden diejenigen von uns, die mit einem Hardtailbike unterwegs sind ordentlich durchgeschüttelt. So wird unser Fahrkönnen noch einmal auf die Probe gestellt.
In Certaldo können wir abseits des Massentourismus diese schöne alte Stadt bewundern. Berühmt für seine roten Zwiebeln ist die Gegend hier, daher probieren wir Zwiebeleis. Mir schmeckt es wie ein Kuchenstück, das auf dem Zwiebelbrettchen zerteilt worden ist.
Sonntag, 30.04.2023
Heute geht es mit dem Bus nach Siena. Bei einem gemütlichen Stadtbummel verabschieden wir uns schon langsam von der Toskana, nutzen die Zeit für letzte kleine Einkäufe, Eis und lassen uns von der Piazza del Campo, einem der schönsten Plätze Italiens beeindrucken. Wieder ein UNESCO-Weltkulturerbe. Abends genießen wir in einer kleinen Osteria ein Menü mit Antipasto misto, Scaloppina ai Funghi und Crumble di mele. Ein Hochgenuß!
Montag, 01.05.2023 Rückfahrt
Wir machen uns auf den langen Heimweg. Gerhard Ried hat es geschafft, die Truppe ganz unterschiedlicher Menschen zusammenzufügen, auf die Bedürfnisse von Mountainbike-Profis und solchen, die es erst noch werden wollen, einzugehen mit seinen unterschiedlichsten Tourvorschlägen, die doch immer auf das gleiche Ziel gerichtet waren. Bike, Genuss und Kultur – das Programm hat nicht zu viel versprochen. Danke Gerhard, für die sorgfältige Organisation, die kompetente Unterstützung jeglichen Fahrkönnens und das motivierende Anfeuern an den manchmal nicht enden wollenden Bergauffahrten. Am Ende der Woche habe ich deutlich an Fahrkönnen und Kondition und wohl auch an Gewicht dazugewonnen. Life is better on a bike!