Herbsttour auf den Großvenediger

Für Oktober war es wieder unglaublich warm, also perfektes Wetter, um auch noch eine Hochtour zu gehen. Die eigentlich geplante Herbsttour zu Beginn der Herbstferien musste bereits ohne Teilnehmende ausfallen, doch da Raphi kurzfristig auf Dienstreise sowieso in Italien war und sich das schöne Wetter ankündigte, stand einer recht spontanen Tour nichts mehr im Wege. 

Die Tour startete mit sommerlichen Temperaturen und kräftigem Sonnenschein – diesen nutze auch Raphi, der sich in Ermangelung an herbstlichen Busverbindungen per Anhalter von Süden her zum Matreier Tauernhaus hatte bringen lassen und in der Sonne schwitzte, während er auf Anina und Moritz wartete. Das Auto wurde abgestellt, das Equipment und Essen aufgeteilt und schon ging’s los. Es war schon Mittag und wir hatten noch 12 km mit 1500 hm Aufstieg vor uns. Die erste Hälfte des Aufstiegs ging dann auch schnell vorbei und wir machten unsere überfällige Mittagspause mit italienischer Jause am wunderschönen Löbbensee. Gut gestärkt machten wir uns auf den zweiten Teil des Anstieges. Nachdem wir einige Male vergeblich hofften, den Aufstieg geschafft zu haben, machten wir dann an der Wildenkogelscharte (2900 m) erst nochmal eine notwendige Pause mit Gummibärchen. Der Anstieg war doch ganz schön steil, die Nacht davor kurz und der schwere Rucksack mit Essen, Winterraum- und Hochtourengepäck machte sich doch bemerkbar. Nur noch 7 km und fast keine Höhenmeter liegen vor uns, das sollte schnell gehen, so zumindest unsere Vorstellung. Doch ein unwegsames Geröllfeld kostete nochmal einiges an Zeit und Kraft, also nochmal Pause und dann ging es weiter, wir wollten im besten Fall noch vor Sonnenuntergang an der Badener Hütte ankommen. Ganz so schnell ging es dann auf dem versicherten Steig dann doch nicht. Aber in der Dämmerung und mit wunderschönem Sonnenuntergang tauchte dann doch nach einer Biegung die Badener Hütte und der Winterraum auf. Klein, aber mit allem, was man braucht (außer Licht), machten wir es uns im Winterraum gemütlich. Moritz holte Wasser aus dem See, Raphi reparierte mit dem Eispickel die Tür zur Toilette und Anina kümmerte sich um das Abendessen – es gab Gnocchi mit Gemüsesoße. Woher der komische Geschmack kam? Vom Gulaschgewürz, von den Essensresten, die noch an den Löffeln klebten oder vielleicht daher, weil wir die Gnocchi in der Soße gekocht haben? Egal… Satt waren wir trotzdem. Also noch schnell Zähne geputzt, ins Hüttenbuch eingetragen und zum Abspülen konnten wir uns auch noch überwinden, bevor wir uns für noch ein paar Stunden Schlaf in die Betten legten. 

 

Am Samstag stand der Höhepunkt unserer kleinen Wochenendhochtour auf dem Programm: Die Besteigung des Großvenedigers von der Badener Hütte aus mit Übergang zur Neuen Prager Hütte. Da die Bewölkung im Laufe des Tages zunehmen sollte, starteten wir um 6:30 Uhr bei schöner Morgendämmerung unsere Tour – in der Hoffnung, den Gipfel noch bei Sonne zu erreichen. Nach dem ersten Anstieg ging es schon bald über den teils sehr ausgesetzten Süd-Ost-Grat auf die 3310 m hohe Kristallwand. Der erste Gipfel für heute. Von hier aus eröffnete sich bei traumhaftem Wetter auch schon der Blick auf die Gletscherwelt rund um den Großvenediger. Nach dem kurzen Abstieg zum Gletscher und einer kleinen Brotzeit legten wir unsere Gletscherausrüstung an und über das Mullwitzkees ging es dann an der Schwarzen Wand (3506 m) vorbei zum Rainerhorn (3559m). Das Wetter blieb stabil, doch die Wolken verdichteten sich schon allmählich. Eigentlich war der Großvenediger auch nicht mehr weit, aber wir mussten erst wieder ca. 150 hm absteigen, um dann den umso längeren finalen Schlussanstieg zu erreichen. Und noch dazu fiel einem Tourenteilnehmer, dessen Name Moritz an dieser Stelle nicht nennen will, im Laufe des Abstiegs auf, dass er wohl seinen Eispickel oben am Rainerhorn an einem Stein gelehnt zurückgelassen hat. Ja, da lag er nun ganz einsam und wollte von uns, die den halben Abstieg hinter sich hatten, wieder abgeholt werden. Wieder voll ausgerüstet konnten wir die Tour dann fortsetzen und erreichten den 3657 m hohen Großvenediger am frühen Nachmittag bei mittlerweile bewölktem Wetter. Zügig machten wir uns nach einem windig-kalten Gipfelfoto an den Abstieg zur Neuen Prager Hütte, der uns über das spaltenreiche Schlatenkees nochmal einiges an Zeit kostete. Aber immerhin wartete am Ziel ein sehr schöner, großzügiger und gemütlicher Winterraum auf uns – und ein Bier, das wohl Gewichtseinsparmaßnahmen vorheriger Besucher zum Opfer gefallen ist. Nach einem kurzen Blick auf das Mindesthaltbarkeitsdatum war uns schnell klar, dass uns wohl nichts anderes übrigbleiben wird, als uns zu erbarmen. Denn dass die kühle Dose Bier hier oben einfach schlecht wird, wollten wir schließlich nicht verantworten. Mit einem ordentlichen Essen mit diesmal sauberen Utensilien und einer warmen Stube ließen wir diesen schönen und erfolgreichen Tourentag noch ausklingen, ehe sich schnell eine allgemeine Bettschwere breitmachte. 

 

Den Sonntag starteten wir sehr gemütlich mit einem Frühstück um 9 Uhr. In der Nacht hatte es ein wenig geschneit und wir konnten vom Winterraum beobachten, wie sich der Nebel zu lösen begann. Nach einer abschließenden Pack- und Putzeinheit machten wir uns schließlich auf den Abstieg ins Gschlößtal, wo wir auch wieder auf Menschen trafen. Auf der gesamten Tour über einen der überlaufensten Gipfel der Alpen haben wir an diesem traumhaften Herbstwochenende nämlich nur einen einzigen Menschen getroffen. Noch ein paar Kilometer trennten uns vom Auto, und dort angekommen war auch schon wieder Zeit für Brotzeit. Dann fuhren wir noch gemeinsam bis Kitzbühel, wo sich unsere Wege wieder trennten. 

Tourenbericht von Anina, Moritz und Raphael (JL)