Wissenswertes zu Klettersteigen und die Klassifizierung der Schwierigkeitsgrade bei Klettersteigtouren

B/C, K5, PD oder “sehr schwierig”? Wie schwierig ist ein Klettersteig?

Allein mitten in der Felswand klettern, gesichert nur durch ein Stahlseil. Das klingt für viele auf den ersten Blick gar nicht so schmackhaft. Es ist also kein Wunder, dass man sich fragt, warum so viele Menschen auf Klettersteigen unterwegs sind.

Klettersteige liegen im Trend. Jedes Jahr entstehen europaweit neue Klettersteige.

Oftmals sind dies Sport- und Funklettersteige in Talnähe. Im alpinen Bereich werden nur selten neue Klettersteige gebaut und eröffnet.

In den letzten Jahren stellen zunehmende Veränderungen im alpinen Hochgebirge (Abschmelzung der Gletscher bzw. Rückgang des Permafrostes) die  Alpenvereine vor neue Herausforderungen im Wegeunterhalt. Bedingt durch diese Situation müssen immer wieder Übergänge über Pässe und Scharten sowie Gipfel- und Hüttenwege verlegt und neugestaltet werden. Meistens versucht man gesundes und festes Felsgelände zu nutzen und begehbar zu machen. Dabei werden Stahlseile, Leitern und Klammern installiert, schon hat man einen neuen Klettersteig. Das geschieht inzwischen häufiger als man glaubt. Die neuen Wegabschnitte bewegen sich in der Regel im Schwierigkeitsgrad B oder B/C. Man fragt sich, was bedeutet denn nun B oder B/C? Kann ich da ohne eine persönliche Schutzausrüstung weitersteigen?

Man kann das tun, jedoch nur mit der richtigen persönlichen Schutzausrüstung.

Es gibt zahlreiche Wege zu Hütten und Gipfeln, welche mit sehr kurzen und leicht gesicherten Passagen bis A/B versehen sind. Hier kann man in der Regel auf eine Eigensicherung verzichten.

Die wesentliche Frage, die sich aber jeder selber stellen muss, ist: Ist die gesicherte Stelle nur wenige Meter und führt der Weg „im nicht absturzgefährdeten Gelände“ entlang?

In meinem Bericht über die Klassifizierung der Bergwanderwege und Bergsteige (siehe Sektionsheft 01/2023) schilderte ich schon die Problematik einer einheitlichen Bewertung.

Für die Bergsportart „Klettersteige“ ist es ebenso.

Es gibt keine einheitliche Klassifizierung von Klettersteigen in den Alpen und keine weltweit. Die Einteilung der Schwierigkeitsgrade führt immer wieder zu heiklen Situationen und Missverständnissen.

Welche internationalen Schwierigkeitsgrade gibt es bei Klettersteigen?

International gibt es derzeit fünf verschiedene Skalen für die Bewertung von Klettersteigen.

Schall – Skala: A – G (Leicht – mehr als extremst schwierig).

Hüsler – Bewertung: K1 – K 8 (Leicht – mehr als extremst schwierig).

Farbskala: rot – blau – schwarz.

Das sind  die gängigsten Schwierigkeitsskalen im deutschsprachigen Raum.

Für Italien und Frankreich werden die Skalen: F – ED (facile – estrema difficile) verwendet.

Bei den italienischen Klettersteigen gibt es noch eine Besonderheit zu beachten (siehe Abbildung 2):

Am Einstieg befindet sich meistens eine Beschilderung mit Symbolen und als Schwierigkeit EEA. In der Regel gibt es keinen Hinweis, wie schwer der Klettersteig tatsächlich ist (evtl. wurde handschriftlich der Schwierigkeitsgrad ergänzt).

Eine Auflistung der Schwierigkeitsgrade

Ich nutze hier nur die Schall-Skala / A – G. Die anderen Skalen können gleichwertig verwendet werden (siehe Abbildung 1).

A =  Gesicherte Passagen, die an exponierten Stellen mit Geländer, Stahlseil oder kurzen Leitern gesichert sind. In der Regel ist noch keine Eigensicherung notwendig und die Passagen sind problemlos zu bewältigten.

B =  Steileres und versichertes, meist felsiges Gelände, evtl. bereits mit ausgesetzten Stellen. Drahtseile/Ketten, Klammern/Trittstifte, längere senkrechte Leitern und Seilbrücken erfordern bereits eine gewisse Armkraft und Geschicklichkeit. Ab diesem Schwierigkeitsgrad ist die Nutzung einer persönlichen Schutzausrüstung zwingend notwendig. Für Kinder und Anfänger sollte man zusätzlich ein Sicherungsseil mitführen und bei Bedarf verwenden.

C = Steiles bis sehr steiles Felsgelände mit längeren senkrechten Passagen und gelegentlich  leicht überhängenden kurzen Leitern. Absolute Sicherungspflicht. Für Anfänger nicht mehr geeignet. Für größere Kinder bedingt geeignet.

D = Senkrechtes Gelände, oft auch überhängend sowie ausgesetzte Querungen. Die D-Pas- sagen sind oft nur mit Drahtseil gesichert und erfordern eine sehr gute Armkraft und gute Klettertechnik.

E bis G = Lange Passagen im senkrechten oder überhängenden und glatten Fels. Meistens nur mit Drahtseil gesichert. Extrem hohe Anforderungen an Kraft und Klettertechnik. Klettersteige in diesem Schwierigkeitsgraden sollten nur von sehr extremen Klettersteiggehern in Angriff genommen werden. Eine Begehung im Seilschaftsverbund ist sehr empfehlenswert.

Ein Rückzug oder eine Rettung aus diesen Klettersteigen ist sehr aufwändig und mühsam.

Zwischenstufen (A/B, B/C, usw.) bei den Schwierigkeitsgraden sind nicht exakt definiert.

B/C als Beispiel: Alles, was die Schwierigkeit B beinhaltet und von der Schwierigkeit C kommt noch ein Sahnestück dazu.

Einen kleinen Vergleich der Schwierigkeitsgrade möchte ich für die Sport-(Hallen)kletterer aufzeigen. Einfach und simpel kann man sagen:

A = I, A/B = I/II, B/C = III+/IV-, C/D = IV+/V-, D/E = V+/VI, F/G = VII/VIII.

Ich persönlich empfinde die Schall – Skala (A bis G) am aussagekräftigsten. Diese wird in den neueren Klettersteigbüchern und auf den deutschsprachigen Internetseiten verwendet.

Was bestimmt den Schwierigkeitsgrad eines Klettersteiges?

Die Schwierigkeitsgrade sollten nur als grobe Richtlinie betrachtet werden. Für die Einstufung werden die einzelnen Abschnitte der Route hinsichtlich der Kletterschwierigkeit bewertet. Die Gesamtbewertung des Klettersteigs richtet sich nach der schwersten Stelle.

Die Herausforderung bei der Tourenplanung: Wähle ich einen  Klettersteig der Schwierigkeit C mit einer kurzen senkrechten C-Passage gleich zu Beginn aus, ist dieser nicht vergleichbar mit einem über 400 Höhenmeter anhaltend steilen und ggf. alpinen Klettersteig der Schwierigkeit C. Ein talnaher kurzer D-Sportklettersteig kann nicht mit einem alpinen Klettersteig mit Schwierigkeit D verglichen werden.

Bei der Auswahl eines Klettersteiges als Tourenziel sollte man folgende Faktoren bei den  Gesamtanforderungen mit betrachten. Zustiegszeit/Höhenunterschied – Gehzeit auf dem Klettersteig/ggf. Wartezeit einplanen – Abstieg. Der Abstieg/Normalweg nach einem Klettersteig

ist häufig ungesichert und ggf. alpin.

Teilweise wird in der Führerliteratur/Internetseiten diesem Umstand Rechnung getragen, indem der Gesamtanspruch der Tour unabhängig vom Schwierigkeitsgrad der Einzelstellen bewertet wird.

Persönliche Schutzausrüstung für das Begehen von Klettersteigen

– Hüftgurt bzw. Brust/Sitzgurtkombination

– Kletterhelm

– Klettersteigset (Bandfalldämpfer)

– Klettersteighandschuhe

– Entsprechendes Bergschuhwerk

– Kurze Band-/Expressschlinge mit Karabiner als Rastschlinge

Ergänzende Ausrüstung (empfehlenswert):  Rucksack, Jacke, Erste Hilfe Set, Rettungsdecke oder Biwaksack, Handy, Karte/Tourenbeschreibung, Stirnlampe, Getränk und Verpflegung, ggf. Wanderstöcke (faltbar oder kurze Teleskop).

Wichtig ist, dass die Ausrüstung funktionsfähig ist und die Verwendungsdauer nicht überschritten ist.

Die Schutzausrüstung muss auch genutzt und rechtzeitig angelegt werden. Ein wesentliches Prinzip sollte auf den Klettersteigen für jeden sein: Da, wo ein Drahtseil, etc. ist, wird sich eingehängt.

Ein Beitrag von Thomas Stöcker / FÜL Bergsteigen